Die Studie “When Should Fractional-dose Vaccines be Used?” von
Francis de Véricourt, Professor of Management Science und akademischer Direktor des
DEEP - Institute for Deep Tech Innovation an der ESMT Berlin,
Jérémie Gallien (London Business School), und
Naireet Ghosh (London Business School), wurde im Journal
Manufacturing & Service Operations Management akzeptiert, welches Beiträge ausschließlich nach einem unabhängigen Peer-Review-Verfahren annimmt.
Die Autoren verbinden epidemiologische Modelle mit Methoden der wissenschaftlichen Entscheidungsoptimierung (Operations Research), um Impfstrategien unter realistischen Bedingungen zu bewerten. Mithilfe eines Epidemiesimulationsmodells und eines Optimalsteuerungsansatzes identifizieren sie Impfstrategien, die Infektionen minimieren und gleichzeitig begrenzte Vorräte, Lieferverzögerungen und Kapazitätsgrenzen berücksichtigen.
Die Ergebnisse zeigen, dass Impfungen mit Teilmengen, also mit einem geringeren Antigengehalt pro Dosis, Infektionen deutlich reduzieren können, selbst, wenn sie etwas weniger wirksam sind als Vollimpfungen. Besonders vorteilhaft ist dieser Ansatz, wenn Impfstoffe knapp sind oder die Verteilung nur langsam erfolgt, etwa zu Beginn einer Pandemie oder in Ländern mit begrenzten Ressourcen. In solchen Fällen ermöglicht die Verabreichung kleinerer Dosen, mehr Menschen schneller zu impfen. Sind hingegen ausreichend Vorräte vorhanden oder die Impfkapazitäten eingeschränkt, bleibt der Einsatz voller Dosen die bessere Option. Die optimale Strategie wird sowohl durch den Wirksamkeitsunterschied der Dosen als auch durch logistische Rahmenbedingungen bedingt.
Anhand zweier Fallstudien, der Grippesaison 2004/2005 in den USA und der COVID-19-Impfkampagne in Nigeria, verdeutlichen die Forschenden den potenziellen Effekt. In den USA hätte der Einsatz fraktionierter Dosen anstelle voller Dosen rund 64 Prozent mehr Infektionen verhindern können, was etwa 32 Millionen zusätzlichen Fällen entspricht. In Nigeria, wo die Impfstoffversorgung den Engpass darstellte, hätte eine optimale Teilmengenstrategie 131 Prozent mehr Infektionen verhindern und damit rund 11 Millionen zusätzliche Fälle vermeiden können.
Die Ergebnisse belegen, dass Impfungen mit Teilmengen Millionen Menschen schützen können, solange Impfstoffe knapp sind. Sobald jedoch ausreichende Mengen und Verteilungskapazitäten bestehen, sollte darauf verzichtet werden.
„Fraktionierte Impfdosen können die Reichweite knapper Bestände erheblich vergrößern“, sagt Francis de Véricourt. „Unsere Arbeit bietet Entscheidungsträgern einen klaren Rahmen, um zu erkennen, wann kleinere Dosen mehr Infektionen verhindern und mehr Menschen schützen, insbesondere wenn Zeit und Vorräte knapp sind. Künftige Gesundheitskrisen werden erfordern, dass wir lernen, während wir bereits handeln. Unser Modell kann erweitert werden, um Impfstrategien zu entwickeln, die auf neue Gegebenheiten reagieren können, sobald neue Daten vorliegen.“
Die Studie zeigt zudem, dass einfache Strategien, etwa eine durchgängig einheitliche Dosierung während der gesamten Impfkampagne, einen großen Teil des Nutzens komplexerer, optimierter Ansätze erzielen können. Die effektivste Vorgehensweise hängt jedoch von lokalen Bedingungen wie Produktionsgeschwindigkeit und Verteilungsinfrastruktur ab.